Kirche hinter Gittern
Pastorin Martina Zepke-Lembcke gibt einen Einblick in ihre Arbeit als Gefängnisseelsorgerin
Rund 400 Frauen und Männern sitzen hinter der grauen Gefängnismauer der Justizvollzugsanstalt Lauerhof in ihren Zellen – verurteilt nach den Gesetzen unseres Staates. Ihr Tagesablauf ist geregelt: Wecken, Frühstück, Arbeit, Mittag, Freizeit, Therapie, Einschluss – abseits von Natur und Kultur. Ziel ist eine Resozialisierung, die Wiedereingliederung in unsere Welt der Freiheit. Alle haben Schuld auf sich geladen, die sie „hinter Gittern“ gebracht hat. Sie sind Kriminelle.
Hier beginnt die Arbeit Martina Zepke-Lembckes. Ausgehend von einem christlich-humanistischen Menschenbild sieht sie in den Gefangenen nicht nur den Täter, sondern darüber hinaus den Menschen, den meist soziale Umstände ins Gefängnis brachten, und den Menschen, der jetzt in dieser Situation zurechtkommen muss.
Ihre Erfahrung nach zeigen sich wiederholende Muster in den Biographien der Gefangenen: prekäre Verhältnisse in der Kindheit, vernachlässigt und missbraucht, frühe kleinkriminelle Taten und dann Abrutschen ins gesellschaftliche Abseits des Kriminellen.
Die Folgen sind oft eine Selbstabwertung der Gefangenen, ein positives Selbstwertgefühl verschwindet, das Selbstbild ist geprägt durch Schuld, eine gesellschaftliche Ablehnung geht in Folge ihrer Situation damit einher.
Mit ihrer Tätigkeit als Pastorin versucht Zepke-Lembcke, dass die Gefangenen den kirchlichen Raum als Ort erleben, an dem sie gesehen werden „als Mensch vor Gott“, ohne Verrenkungen, ohne dass sie einem Bild entsprechen müssen, als einen Ort, „wo sie sein dürfen, wie sie sind.“ Diese Trennung zwischen „Mensch“ und „Tat“ kann dann zu einem Vertrauensverhältnis führen, das dem oder der Gefangenen hilft, die Situation im Gefängnis zu ertragen – zeitweilig losgelöst von der Einsamkeit und der Fremdbestimmung in der Anstalt. Gruppenerlebnis und Akzeptanz bilden dabei wesentliche Elemente der Selbstbesinnung.
Ein ehemaliger Gefangener in Begleitung der Pastorin bestätigte die Wichtigkeit der Seelsorgearbeit, ohne der es ihm nicht gelungen wäre, mühsam wieder Fuß zu fassen.
Eindrucksvoll hat Martina Zepke-Lembcke die Bedeutung der (evangelischen, katholischen und muslimischen) Gefängnisseelsorge dargestellt.